Ungleichheit ist kein natürliches, sondern ein politisches Problem. Wie aber stehen die politischen Parteien dazu? Wird Ungleichheit thematisiert, problematisiert – oder ignoriert?
Um die Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien zu vergleichen, werden die verschiedenen Wahlprogramme nebeneinandergelegt um zu zeigen, wie das Framing (wie wird Ungleichheit dargestellt?) und der Plan zur Reduzierung von Ungleichheit (wie soll Ungleichheit angepackt werden?) aussehen. Ob die Regierungskoalition, bestehend aus SPD, Grünen und FDP, am Ende die Wahlversprechen aus ihren Programmen einhalten, steht auf einem anderen Blatt geschrieben.
Koalitionsvertrag der Bundesregierung von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP:
Framing:
Keins. Ungleichheit wird mit keinem Wort im Koalitionsvertrag erwähnt.
Plan:
Keiner.
Quelle: Koalitionsvertrag der Bundesregierung 2021.
Die Linke

Framing:
Ungleichheit findet sich im Wahlprogramm der Linken in nahezu allen Themenbereichen: Sowohl bei sozialen Fragen, geschlechterspezifischen Themen, Gesundheit, Klima, Geflüchteten, als auch bei Kultur, Sport und der Entwicklungspolitik. Bestehende Ungleichheiten stellen in allen Bereichen Ungerechtigkeiten dar, die es zu bekämpfen gilt. Denn ob hierzulande oder auf internationalem Parkett, „die Ungleichheit nimmt … zu und hemmt wirtschaftliche wie soziale Entwicklung.“
Nach Auffassung der Linken gäbe es sehr viel weniger Ungerechtigkeiten und genug für alle, würde der Reichtum besser verteilt sein (S. 115-116). Keine andere im Parlament vertretene Partei führt den Begriff Ungleichheit so häufig und umfangreich im Programm wie die Linke.
Plan:
Die Linke will den wachsenden Trend der Ungleichheit zum einen durch Steuern angehen: Hohe Vermögen und Erbschaften sollen mit einem progressiven Steuertarif bis zu 5 Prozent besteuert werden; zudem sollen die Steuerfreibeträge in der Einkommenssteuer erhoben werden und derart niedrige und mittlere Einkommen entlastet werden. Auf mehreren Seiten werden verschiedene Formen der Steuern durchdekliniert (Vermögensteuer, Erbschaftssteuer, Vermögensabgabe, Unternehmenssteuern, Einkommenssteuer, Reichensteuer) und insgesamt derart ausgestaltet, dass die ärmeren und mittleren Einkommen und Vermögen niedriger besteuert werden, während Vermögende und Unternehmen mehr Steuern zahlen sollten (S. 85-89). Die erhöhten Steuereinnahmen würden auch zur Bewältigung der Krisenkosten und zur Finanzierung von dauerhaften Förderprogrammen in der Kultur verwendet werden.
Barrieren in der Gesundheitsvorsorge sollen abgebaut und eine Schule für alle etabliert werden (S. 36, 48). Soziale Gerechtigkeit wird über die deutschen Grenzen hinaus weltweit und systematisch begriffen. Um einen echten Paradigmenwechsel zu schaffen, sollen Solidarität und grenzübergreifende Kooperation in den Mittelpunkt gerückt werden: „Wir wollen die Krise nicht nur für Deutschland oder Europa überwinden, sondern global. Niemand ist sicher, bevor nicht alle sicher sind. Den neoliberalen Kapitalismus, der von Deregulierung, Privatisierung und Sozialabbau gekennzeichnet ist, wollen wir überwinden“ (S. 139).
Quelle: Wahlprogramm Die Linke.
Bündnis 90/Die Grünen

Framing:
Für Bündnis 90/Die Grünen zeigt sich Ungleichheit sowohl in geographischer (Stadt/Land) als auch wirtschaftlicher (Einkommen und Vermögen) sowie sozialer und ökologischer Hinsicht. Dabei vertreten sie die Position, dass es möglich und nötig ist, diese Ungleichheiten zu verringern, um eine zufriedenere Gesellschaft zu etablieren (S. 10, 59).
Zudem wird die Vermögensungleichheit problematisiert: Dass Deutschland im EU-Durchschnitt eine so hohe Vermögenskonzentration hat, liegt „unter anderem daran, dass es sehr reichen Menschen möglich ist, durch Gestaltungen einer Besteuerung von Vermögen, etwa bei der Erbschaftssteuer, nahezu komplett zu entgehen“ (S. 92).
Die Corona-Pandemie hat einerseits bestehende Ungleichheiten verschärft, andererseits gezeigt, wie wichtig ein „dichtes soziales Netz ist“, das bisher verhindert hat, „dass sich die Corona-Pandemie zu einer tiefgreifenden sozialen Krise entwickelt“ (S. 257).
Plan:
Ein Schwerpunkt bei der Bekämpfung von Ungleichheit liegt in der Steuerpolitik: „Hohe Einkommen und Vermögen sollen … mehr zur Finanzierung unseres Gemeinwesens beitragen und niedrige werden entlastet“ (S. 59). Zudem sollen bei Vermögen Steuervermeidungsmöglichkeiten abgebaut und große Vermögen wieder stärker besteuert werden (S. 92).
Für die ökologische Wende soll ein Just Transition Fund aufgestockt und ausgebaut werden (S. 72).
Mit Blick auf Kinder und Jugendliche sollen gleiche Lebenschancen durch gemeinsames Lernen und individuelle Förderung von der KiTa bis zum Schulabschluss ermöglicht werden (S. 142).
Quelle: Wahlprogramm Bündnis 90/Die Grünen.
SPD

Framing:
Die SPD framt die bestehende Ungleichheit als ein gesellschaftliches Problem, das zu einem schwindenden Zusammenhalt in der Gesellschaft führt (S. 3-4). Zudem sei die „extrem ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen … nicht nur sozialpolitisch bedenklich, sie ist auch ökonomisch unvernünftig“ (S. 22). In puncto Ungleichheit von Frauen und Männern spricht die SPD von ungleichen Chancen, die durch die Corona-Pandemie erneut gezeigt wurden (S. 42).
Plan:
Bei Steuern schreibt sich die SPD auf die Fahne, die kleineren und mittleren Einkommen (bis 500.000 Euro) weniger stark, dafür die Gutverdiener höher zu besteuern (S. 22). Außerdem sollte die Vermögensteuer mit 1 Prozent für „sehr hohe Vermögen“ wieder in Kraft treten sowie der Soli (den nur noch Spitzenverdiener:innen zahlen) beibehalten werden (S. 23).
Das Entgelttranspranezgesetz soll Ungleichheit der Löhne im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit beseitigen (S. 42).
Auf internationaler Ebene will die SPD ein „multinationales Investitionsgericht, das bei Diskriminierung, sprich der ungleichen Behandlung zwischen Handelspartnern, eingreift“ (S. 42).
Quelle: Wahlprogramm SPD.
CDU/CSU

Framing:
Keins. Ungleichheit wird mit keinem Wort im Wahlprogramm erwähnt.
Plan:
Keiner.
Quelle: Wahlprogramm CDU/CSU.
FDP

Framing:
Keins. Ungleichheit wird mit keinem Wort im Wahlprogramm erwähnt.
Plan:
Keiner.
Quelle: Wahlprogramm FDP.
AfD

Framing:
Keins. Ungleichheit wird mit keinem Wort im Wahlprogramm erwähnt.
Plan:
Keiner.
Quelle: Wahlprogramm AfD.